DAS KONZEPT
Arbeitszeugnis 2.0 – Konzept
Dieses Konzept ist eine Erweiterung des Leitfadens (siehe 2.16) und ist an Personen gerichtet, welche sich mit dem Arbeitszeugnis 2.0 mehr auseinandersetzen wollen. Es soll dazu dienen, das Arbeitszeugnis 2.0 zu erklären, Hintergrundinformationen zu vermitteln und entsprechende technische Vorgaben nachzulesen.
2.1. Ziel vom Arbeitszeugnis 2.0.
2.2.1. Schluss- und Zwischenzeugnis
2.3. Grundgerüst/Aufteilung des Arbeitszeugnisses
2.4. 5er-Regel
2.5. Mitarbeitende/r und Unternehmen
2.9. Bewertung der Fähigkeiten
2.9.3. Gausssche (Glocken-) Kurve
2.9.4. Bedeutung der Bewertungen
2.9.5. Negative Bewertung einer Fähigkeit
1. Einleitung
Das derzeitige Arbeitszeugnis entspricht nicht mehr den aktuellen Anforderungen des Arbeitsmarktes. Die Mehrheit der HR-Fachpersonen hält das derzeitige Arbeitszeugnis für veraltet, nicht aussagekräftig und gibt diesem keinen Wert mehr. Dabei haben Prof. Dr. Klaus Watzka und Steffi Grau von der Ernst-Abbe-Hochschule (EAH) Jena, in ihrer empirischen Studie im Jahr 2015/2016 festgestellt, dass u.a. nur 27% die Aussagekraft als hoch bewerten, 50% schätzen die Aussagekraft der von ihnen erstellten Zeugnisse weder als hoch noch sehr hoch ein und weitere 54% lesen das Arbeitszeugnis nicht komplett durch. (1)
Das Gesetz sieht vor, dass die durch das Unternehmen ausgestellten Arbeitszeugnisse den wirtschaftlichen Fortschritt der Mitarbeitenden fördern müssen. Die Schriftlichkeit des Arbeitszeugnisses beruht auch auf der Überlegung, dass telefonische Referenzauskünfte mit dem schriftlichen Arbeitszeugnis übereinstimmen müssen. Dadurch werden die Mitarbeitenden vor einer Ausnutzung der faktischen Informationsmacht ihrer ehemaligen Unternehmen geschützt.
Das Konzept des Arbeitszeugnisses wurde auf der Basis von wissenschaftlichen Studien und Umfragen erstellt. Dabei wurde das Kernteam einerseits von Arbeitsrechtsexperten begleitet, andererseits sind die Erkenntnisse aus zwei speziell dafür durchgeführten wissenschaftlichen Studien mit einmal fast 800, bei der zweiten Studie mit über 1‘000 Teilnehmenden sowie laufend die Inputs aus Umfragen von über 150 Mitarbeitenden und weiteren Unternehmen eingeflossen.
(1) Steffi Grau und Klaus Watzka. „Arbeitszeugnisse: Machen Sie noch Sinn?“, Informationsdienst Wissenschaft (idw), aufgerufen am 22. Oktober 2024, https://nachrichten.idw-online.de/2016/03/31/arbeitszeugnisse-machen-sie-noch-sinn.
2. Das Arbeitszeugnis 2.0
2.1. Ziel vom Arbeitszeugnis 2.0
Das Arbeitszeugnis 2.0 ist darauf ausgelegt, modernen Anforderungen gerecht zu werden und den digitalen Wandel zu unterstützen. Nach dem Prinzip „Reduce to the max“ wird eine starke Vereinfachung und Standardisierung angestrebt, sodass das Arbeitszeugnis 2.0 eine A4-Seite nicht überschreitet und ein einheitliches Layout verwendet. Übergeordnet soll das Arbeitszeugnis 2.0 folgende Ziele erreichen:
Klarheit in der Formulierung und Bewertung, um unnötige Diskussionen
zu vermeiden;Förderung des wirtschaftlichen Fortschritts des Mitarbeitenden;
Hohen Automatisierungsgrad im Erstellungsprozess;
Übersichtlichkeit für geübte Lesende: Innerhalb von 45 Sekunden sollen sie einen umfassenden Eindruck über die Person erhalten können.
Für die Mitarbeitenden bietet das Arbeitszeugnis 2.0 mehrere Vorteile im Vergleich zum traditionellen Arbeitszeugnis:
Erneut steigende Lesebereitschaft seitens der rekrutierenden Unternehmen;
Digitale Weiterverwendbarkeit für den Rekrutierungsprozess;
Schnelle und einfache Erstellung durch die Unternehmen, was lückenlose und zügige Dokumentation ermöglicht;
Transparente Bewertung: Ein Leitfaden hilft bei der Interpretation aller Punkte;
Internationale Verständlichkeit und somit weniger Sprachbarrieren;
Klare Regeln für negative Bewertungen: Diese sind definiert und können nur mit schriftlicher Dokumentation und mit vorheriger Kenntnisnahme des Mitarbeitenden aufgeführt werden, wodurch viele Diskussionen und Gerichtsfälle vermieden werden.
Das Kernteam ist sich bewusst, dass die Einordnung von Leistungen und Fähigkeiten in Benotungen aktuell stark diskutiert wird. Doch zeigen die durchgeführten Studien deutlich, dass sich viele Menschen eine Vereinfachung der Komplexität durch klare Einordnungen wünschen. Die Ratings im Arbeitszeugnis 2.0 dienen weniger der klassischen Notengebung, sondern vielmehr der Unterstützung dabei, die Fähigkeiten auf Basis der subjektiven Wahrnehmungen Dritter besser einzuordnen und zu vergleichen.
Zudem ist es wichtig zu betonen, dass Fairness und Pragmatismus im Arbeitszeugnis 2.0 stets gewahrt bleiben sollen. Weder die Mitarbeitenden noch die Unternehmen sollen hierdurch benachteiligt werden. Vielmehr soll das Arbeitszeugnis 2.0 den Wert von Arbeitszeugnissen wiederherstellen und die bisherigen Tätigkeiten des Mitarbeitenden im Rekrutierungsprozess stärker hervorheben.
Bei der Erarbeitung des Arbeitszeugnisses 2.0 wurden verschiedene Firmen unterschiedlicher Grössen und Branchen sowie Gewerkschaften eingebunden. Im Rahmen von Austauschen wurden deren Inputs, Wünsche und Anforderungen so weit wie möglich in das Konzept und das Arbeitszeugnis 2.0 integriert. Abhängig von der bereits eingesetzten Zeugnis-Software könnte die Erstellung des Arbeitszeugnisses schneller oder gleichbleibend sein, wobei die Stärke des Arbeitszeugnisses 2.0 vor allem in seiner Lesbarkeit liegt.
2.2. Zeugnisformen
Es gibt weiterhin die Zeugnisformen, die nachfolgend präsentiert werden.
2.2.1. Schluss- und Zwischenzeugnis
Das Arbeitszeugnis ist wie üblich aufgebaut mit:
Beschreibung von Unternehmung und Mitarbeitenden;
Daten über Bewertungsperiode sowie Funktion;
Tätigkeiten;
Fähigkeiten;
Stärken;
Gut zu wissen für weitere individuelle Informationen, welche notwendig sind, um sich ein Gesamtbild machen zu können.
Zur Vereinfachung wird nicht mehr in Schluss- oder Zwischenzeugnisse unterteilt, sondern es ist anhand der Bewertungsperiode ersichtlich, welche Zeitperiode das Zeugnis betrifft. So werden z.B. bei einem Funktionswechsel ein Arbeitszeugnis bis zum Funktionswechsel erstellt und dann bei Austritt ab dem Funktionswechsel. Der Titel vom Zeugnis ist somit unabhängig, ob ein Schluss- oder Zwischenzeugnis, jeweils immer „Arbeitszeugnis“.
2.2.2. Arbeitsbestätigung
Eine Arbeitsbestätigung ist auf dem Arbeitszeugnis aufgebaut, hat jedoch den Titel „Arbeitsbestätigung“
und ist ohne Kompetenzen/Fähigkeiten sowie Angaben zur Persönlichkeit. Es erfolgt somit keine Bewertung des Mitarbeitenden.
2.3. Grundgerüst/ Aufteilung des
Arbeitszeugnisses
Das Arbeitszeugnis 2.0 soll anhand eines standardisierten Rasters immer gleich aussehen, damit die Orientierung einfach ist bzw. die wichtigen Informationen schnell ersichtlich und aufnehmbar sind. Auch gibt dies die Möglichkeit, die Daten der Zeugnisse einfacher automatisiert in ein Rekrutierungstool einzulesen, was den Vorteil mit sich bringt, dass sie so in der Datenanalyse durch die rekrutierende Person mitberücksichtigt werden kann.
Das Arbeitszeugnis 2.0 wird in einer dieser Sprachen ausgestellt:
Deutsch
Französisch
Italienisch
Rätoromanisch
Englisch
Die Farben können bei Bedarf dem CI/CD der Firma angepasst werden, wobei die Anordnung der Felder immer gleich sein muss. Dies für eine bessere Übersichtlichkeit und um sich schneller zurechtzufinden. Bei den Farben ist zu beachten, dass unabhängig vom CI/CD von Vorteil keine Farben mit einem Rotstich verwendet werden sollten. Umfragen mit Mitarbeitenden haben gezeigt, dass Aufführungen mit einem Rotstich eher als negativ aufgenommen werden.
2.4. 5er-Regel
Mit dem Arbeitszeugnis 2.0 sollen die geübten, lesenden Personen unter 45 Sekunden einen guten Überblick über die bewerbende Person erhalten. Deshalb wird auf stark detaillierte Ausführungen verzichtet und es wird auf das Wesentliche fokussiert. Hinzu kommt, dass immer mehr Unternehmen im Rahmen der New Work-Bewegung erkannt haben, dass bei einem Rekrutierungsprozess die sozialen Aspekte grössere Gewichtung erhalten. Im Gegenzug wird beim Fachwissen darauf geachtet, ob die bewerbende Person das Potenzial hat, sich das derzeit möglicherweise fehlende Fachwissen anzueignen oder nicht.
Auch nach dem Prinzip „Reduce to the max“ wird die 5er-Regel angewendet bei:
5 wichtigste Tätigkeiten
5 Fähigkeiten (+ 1 für Führungsfähigkeiten, falls eine Führungsposition)
5 Punkte zu den Stärken
Die fünf Elemente basieren auf Studien in der Psychologie, dass dies eine optimale Anzahl ist und das Kurzzeitgedächtnis Platz für 7 +/- 2 Einträge hat. Dieses Phänomen wird auch als Millersche Zahl be-
schrieben (2). Es legt nahe, weshalb Menschen Listen mit fünf Einträgen noch als übersichtlich wahrnehmen, mit sechs Einträgen als „schon“ mehr und ab sieben Einträgen der Eindruck von “viel” entsteht. Aufgrund des Ziels des Arbeitszeugnisses der Zukunft, dass es auch komplett gelesen wird, soll es nicht überfüllt wirken.
(2) George A. Miller, „The magical number seven, plus or minus two: Some limits on our capacity for processing information,“ Psychological Review 63, no. 2 (1956): 81–97.
2.5. Mitarbeitende/r und Unternehmen
Zur Identifikation der Mitarbeitenden werden Vornamen, Nachname (bzw. Name) und Geburtsdatum aufgeführt, wobei der Nachname jeweils in Grossbuchstaben geschrieben wird. Dies ist eine übliche Art der klaren Trennung zwischen den Vor- und Nachnamen.
Beim Unternehmen werden Name der Unternehmung, URL der Webseite, Branche gemäss Bezeichnung der allgemeinen Systematik der Wirtschaftszweige (NOGA) vom Bundesamt für Statistik (1) sowie auch die ungefähre Anzahl Mitarbeitenden aufgeführt. Dabei wird es der Firma bezüglich der Anzahl Mitarbeitenden überlassen, ob sie z.B. die Anzahl einer Zweigniederlassung, der ganzen Schweiz oder weltweit aufführt. Der Mehrwert der Branche und Anzahl Mitarbeitenden ist, dass die lesende Person sich schneller ein Bild über die frühere Arbeitgeberin machen kann und ob z.B. die Kultur der ehemaligen Arbeitgeberin derjenigen der eigenen Firma eher entspricht oder nicht.
Zusätzlich ist mit maximal 40 Wörtern jeweils kurz und prägnant die Unternehmung zu beschreiben. So kann die Unternehmung schnell eingeordnet werden. Alle weiteren Informationen zur Unternehmung kann die lesende Person bei Bedarf via Website des Unternehmens nachlesen.
2.6. Daten
Neben der Position werden der Beschäftigungsgrad und der Arbeitsort aufgeführt.
Es wird immer pro Position, Team, etc. ein Arbeitszeugnis erstellt. Wie bei 2.2.1 bereits erläutert, werden z.B. bei einem Positionswechsel ein Arbeitszeugnis erstellt bis zum Positionswechsel und dann bei Austritt ein zweites Arbeitszeugnis ab dem letzten Funktionswechsel.
Demnach gibt es folgende Ausführungen:
Bewertungsperiode: TT.MM.JJJJ – TT.MM.JJJJ
Eintritt: TT.MM.JJJJ
Austritt aus Firma: TT.MM.JJJJ
Besteht kein gekündigtes Verhältnis, so wird dieser Punkt ausgeblendet
Erstellungsgrund:
Auf Wunsch von Vornamen + NACHNAME (in Grossbuchstaben / oder auch nur Vorname)
Interner Wechsel
Kündigung durch Vornamen + NACHNAME (in Grossbuchstaben / oder auch nur Vorname)
Kündigung durch Firma
Auflösung im gegenseitigen Einvernehmen
Führungswechsel
Befristetes Arbeitsverhältnis
Pensionierung
Individualisierung
Anderes + Freitextfeld, um es genauer beschreiben zu können.
Mit den Datumsangaben ist jeweils klar, für welche Periode das Arbeitszeugnis erstellt wurde, und es muss nicht auf das vorangegangene Arbeitszeugnis verwiesen werden. Bei mehreren Arbeitszeugnissen der Zukunft ist anhand des Eintritt- und Austrittsdatums sowie den entsprechenden Bewertungsperioden eruierbar, ob sämtliche Arbeitszeugnisse vorhanden sind. Sollte zudem die Bewertungsperiode nicht gleich der Periode zwischen Eintritt- und Austrittsdatum sein, so wird zudem unterhalb der Bewertungsperiode «Für vorangehende Periode siehe frühere Arbeitszeugnisse.» aufgeführt, damit die lesende Person auf einen Blick merkt, ob es für das entsprechende Arbeitsverhältnis ein oder mehrere Arbeitszeugnisse gibt.
(3) Bundesamt für Statistik (BFS), „Nomenklatur der Wirtschaftsätigkeiten (NOGA)“, abgerufen am 22. Oktober 2024, https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/industrie-dienstleistungen/nomenklaturen/noga.html.
2.7. Wichtigste 5 Tätigkeiten
Auch hier werden nur fünf Tätigkeiten aufgeführt und dabei auf die wichtigsten fokussiert. Bei der Ausarbeitung des Konzepts wurde die Anzahl der Tätigkeiten intensiv diskutiert. Dies geschah auch in Anbetracht der wissenschaftlichen Literatur zur Millerschen Zahl und der 5er-Regel (siehe 2.4). Es gibt keine herbeizuziehenden Daten oder Studien aus den Bereichen Psychologie oder UX-Design, welche zeigen würden, dass mehr als fünf Elemente sinnvoll wären.
Eine Analyse von diversen Jobinseraten zeigt zudem, dass es eigentlich kaum ausgeschriebene Jobs gibt, bei denen im Kern mehr als fünf Tätigkeiten gefragt sind. Dem ist auch in den Lebensläufen von Bewerbenden so, bei welchen sie bei ihren selbst aufgeführten Tätigkeiten im Lebenslauf im Grundsatz nicht mehr als fünf Tätigkeiten aufgeführt haben.
Die Reihenfolge der Liste kann einen grossen Einfluss haben. Nach dem Primacy-Recency-Effekt (1)bleiben die ersten und letzten dargestellten Informationen besser im Gedächtnis haften. Die Peak-End Rule (2) beschreibt eine andere psychologische Verzerrung, nach welcher Menschen Erfahrungen anhand der Extremwerte und des Endwertes bewerten. Der Durchschnitt wird also durch diese Verzerrungen in den Hintergrund gedrängt.
Es scheint daher sinnvoll, dass:
das beste Element am Schluss steht und tendenziell das zweitbeste am Anfang, insofern die Wertigkeit der Elemente klar ist, wenn man die möglichst positiven Aspekte hervorheben möchte;
die Liste nicht länger als fünf Elemente ist. Menschen können sich mehr Elemente kurzfristig nicht einprägen und trotzdem sind die wichtigsten Eigenschaften bewertet.
In Anbetracht, dass gemäss der Studie von Prof. Dr. Klaus Watzka und Steffi Grau mehr als die Hälfte der lesenden Personen das Arbeitszeugnis nicht zu Ende lesen, ist die Anzahl Tätigkeiten besser einzuschränken als zu überfüllen. (3)
Die Tätigkeiten selbst werden nicht bewertet, da dies gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Allerdings erfolgt indirekt eine Bewertung der Fähigkeiten durch die vorgegebenen Formulierungen bei den Pflicht-Fähigkeiten (siehe 2.8).
Zudem ist zu empfehlen, diese wichtigsten fünf Tätigkeiten ebenfalls im Arbeitsvertrag oder Stellenbeschreibung aufzuführen, damit diese kongruent sind und von Beginn für die Mitarbeitenden wie auch die Unternehmen klar definiert ist, welche wichtigste Tätigkeiten die neue Arbeitsstelle mit sich bringt.
(1) James Deese und Roger A. Kaufman, „Serial effects in recall of unorganized and sequentially organized verbal material,“ Journal of Experimental Psychology 54,
no. 3 (1957):180-187.
(2) Barbara L. Fredrickson und Daniel Kahneman, „Duration neglect in retrospective evaluations of affective episodes,“ Journal of Personality and Social Psychology 65, no. 1 (1993): 45-55.
(3) Klaus Watzka und Steffi Grau, „Arbeitszeugnisse: Machen sie noch Sinn?“.
2.8. Fähigkeiten
Analog der 5er-Regel (siehe 2.4) gibt es hier fünf Fähigkeitskriterien, von welchen vier in einem Arbeitszeugnis 2.0 immer aufzuführen sind und eine optionale individuelle Fähigkeit, welche frei gewählt werden kann. So kann einerseits eine Standardisierung bzw. Vergleichbarkeit der verschiedenen Arbeitszeugnisse erreicht werden, jedoch trotzdem auf die verschiedenen Spezifikationen der Branchen eingegangen werden.
Pflichtfähigkeiten:
Persönlichkeit und Selbstmanagement
(Lernbereitschaft, Belastbarkeit, Leistungs- und Eigenmotivation)
Zusammenarbeit mit anderen
(Kommunikation, Sozialverhalten, Durchsetzungs- und Einfühlungsvermögen)
Methodik und Umsetzung
(Planung, Lösungs-, Ziel- und Kundenorientierung)
Fachwissen
(Können, Wissen und Wissensaustausch)
Frei wählbare individuelle Fähigkeit (optional):
Zusätzlich gibt es wie erwähnt eine frei wählbare individuelle Fähigkeit. Dies kann pro Firma, Branchen oder Funktionen unterschiedlich sein und muss auch nicht aufgeführt werden, wenn sie keinen Mehrwert bringt (in diesem Fall somit nur die vier Pflichtfähigkeiten + ggf. die Führungsfähigkeit). Wichtig zu erwähnen ist, dass es auch eine Aufführung sein kann, welche zwar bereits durch eine der vier Pflicht-Fähigkeiten im Grundsatz abgedeckt ist, aber für diesen Job eine grosse Wichtigkeit hat und deshalb nochmals speziell sowie separat erwähnt werden soll (wie z.B. Kreativität, digitale Skills, Kommunikationsfähigkeiten, Out-of-the box-thinking, Sicherheitsbewusstsein, Diskretion, Kundenorientierung, Projektmanagement, Flexibilität, etc.).
Zu beachten ist, dass jeweils neben der Fähigkeit auch noch zusätzlich auf der zweiten Linie in Klammern diese Fähigkeit mit zwei bis vier Wörtern beschrieben wird, sodass sich die lesende Person auch über diese individuelle Fähigkeit schnell mehr Kontext aufnehmen kann.
Führungsfähigkeiten:
Sollte die Funktion eine Führungstätigkeit mit sich bringen, so wird in diesem Fall zudem noch die sechste Fähigkeit mit:
Leadership
(Emotionale Intelligenz, Befähigungs-, Motivations- und Entscheidungsfähigkeit)
aufgeführt, ansonsten wird sie ausgeblendet.
Reihenfolge und Beschreibung der Fähigkeiten:
Damit die Reihenfolge standardisiert ist, ist diese immer wie folgt definiert:
1. Persönlichkeit und Selbstmanagement
2. Zusammenarbeit mit anderen
3. Methodik und Umsetzung
4. Fachwissen
5. Ggf. Leadership
6. Frei wählbare individuelle Fähigkeit
2.9. Bewertung der Fähigkeiten
Um die Bewertung der Fähigkeiten anschaulicher und verständlicher zu gestalten, bieten wir zwei verschiedene Grafiken an: die Progress Bar und die Skill-Matrix. Diese Grafiken erhöhen die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Fähigkeitenbewertung und bieten gleichzeitig eine moderne und ansprechende Darstellung.
Je nach Situation kann eine der beiden Grafiken individuell eingesetzt werden. Diese Flexibilität ermöglicht es, den spezifischen Anforderungen gerecht zu werden. Die Wahl der Grafik erfolgt individuell und kann je nach Bedarf und Kontext variieren, um die bestmögliche Darstellung der Fähigkeiten unserer Mitarbeitenden zu gewährleisten. Innerhalb des gleichen Unternehmens können daher beide Grafiken verwendet werden.
2.9.1. Progress Bar
Progress Bars bieten eine klare und intuitive Darstellung von Fähigkeiten mittels Füllstand und sind in der breiten Gesellschaft gut bekannt – beispielsweise bei der Bewertung von Lehrstellensuchenden im Multicheck.
Zwei während des Projekts durchgeführte wissenschaftliche Studien mit fast 800 und über 1’000 Teilnehmenden haben gezeigt, dass der Progress Bar als die am besten geeignete Bewertungsdarstellung empfunden wird. Ein besonderer Vorteil der Progress Bars liegt in ihrer schnellen Verständlichkeit und einfachen Interpretierbarkeit. Durch die bekannte Form und klar geordnete Adjektive erhält die lesende Person auf einen Blick eine Gesamt-einschätzung. Die untereinander angeordneten Bewertungen der verschiedenen Fähigkeiten erlauben zudem einen schnellen Überblick über die jeweiligen Stärken und Entwicklungsfelder der bewerteten Person. Innerhalb der Kategorien wie „gut“ oder „sehr gut“ lassen sich auch genauere Abstufungen vornehmen, was die Orientierung zusätzlich erleichtert. Die Darstellung dient dabei nicht primär als Bewertung, sondern vielmehr als Orientierungs-hilfe der subjektiven Wahrnehmung.
2.9.2. Skill-Matrix
Die Verwendung einer einfachen Matrixstruktur ermöglicht eine klare Zuordnung der Bewertung jeder spezifischen Fähigkeit (in den Zeilen) mittels adjektivischer Bewertungskategorien (in den Spalten). Diese Darstellungsweise erfüllt die Anforderung, dass Bewertungen möglichst einfach und übersichtlich lesbar bleiben. In dieser Variante sind feinere Abstufungen zwar nicht möglich, was einerseits als Einschränkung empfunden wird (da keine Nuancen abgebildet werden können), jedoch andererseits als Vorteil, da sie Scheingenauigkeiten vermeidet und den Fokus auf klare Einschätzungen lenkt.
In Fragebögen wird eine solche Darstellungsform häufig angewendet, was ihre Vertrautheit in der Praxis unterstreicht. Zwar ist das Ziel in diesem Fall nicht, dass die lesende Person einen Fragebogen ausfüllt, sondern ein Arbeitszeugnis liest, doch diese bekannte Struktur unterstützt eine schnelle Erfassung der wesentlichen Informationen. Unsere Befragungsstudien zeigen, dass diese vertraute Form eine intuitive Orientierung bietet, wodurch sich die relevanten Bewertungsdetails mühelos identifizieren lassen.
2.9.3. Gausssche (Glocken-) Kurve
Die Gausssche Glockenkurve (auch Normalverteilung genannt) ist eine häufig verwendete Verteilung in der Statistik. Sie sieht aus wie eine Glocke und hat einige typische Merkmale, die man leicht anhand natürlicher Phänomene erklären kann. Die symmetrische Form, bei welcher etwa 68% der Werte innerhalb einer Standardabweichung liegen, illustriert, dass die meisten Werte nahe am Durchschnitt sind, extreme Werte jedoch selten. Ein Beispiel dafür ist etwa die Körpergrösse der Menschen. Die meisten Menschen haben eine durchschnittliche Grösse, während es nur wenige sehr grosse oder sehr kleine Menschen (an den beiden Enden der Kurven) gibt.
In der Praxis dürfte sich zeigen, dass auch die Bewertung von Mitarbeitenden dieser Logik folgt. Sehr schlechte oder sehr gute Bewertungen dürften tendenziell die Ausnahme sein, gute jedoch die Regel. Die Logik der Normalverteilung diente als Inspiration für die Breite der Kategorien. Ziel ist, dass die Breite der jeweiligen Bewertungskategorie in etwa wiedergibt, dass die mittlere Kategorie am häufigsten vorkommt, während seltenere Bewertungen, je weiter sie bei den Extremen liegen, seltener auftreten. Infolgedessen wurde die Aufteilung folgendermassen gemacht (mit Angabe von Prozentwerten im Hinblick auf die totale Breite):
Ungenügend: 12.5%
Mässig: 18.75%
Gut: 37.5%
Sehr gut: 18.75%
Ausgezeichnet: 12.5%
Wie bereits oben erwähnt diente die Normalverteilung als Inspiration, jedoch wurde aufgrund von visuellen Aspekten entschieden, davon etwas abzuweichen. Gerade der Mittelteil («gut») ist nicht so gross, wie es bei einer Normalverteilung der Fall wäre (ca. 68%). Der Mittelteil würde ansonsten visuell extrem stark hervorgehoben, weswegen hier eine weniger «extreme Variante» gewählt wurde.
2.9.4. Bedeutung der Bewertungen
Um einen Standard zu gewährleisten und zur besseren Interpretierbarkeit der einzelnen Bewertungskategorien, sind entsprechende Beispiele aufgeführt. Die Aufzählungen in den Beispielen sind nicht abschliessend und dienen als Orientierung. Nicht aufgeführte Punkte müssen dabei bei der Einordnung gleich bewertet werden und einem Drittvergleich standhalten (Grundsatz vom Dealing-at-arm’s-length).
BEDEUTUNG
BEISPIELE
Die Leistungen und Fähigkeiten des Mitarbeitenden sind überdurchschnittlich gut. Der Mitarbeitende hat seine Aufgaben in vielen Aspekten übertroffen. Dazu gehören typischerweise eine hervorragende Fachkompetenz, Zuverlässigkeit, Eigeninitiative und Teamfähigkeit.
Vergleichbar mit den Aufzählungen von:
ausgezeichnete Zusammenarbeit
überdurchschnittlich motiviert
Erwartungen und Leistungen übertroffen
umfassendes Fachwissen
immer erfolgreiches Einsetzen der richtigen Fähigkeiten zur Zielerreichung
überdurchschnittliche Belastbarkeit
sehr hohe, effiziente und effektive Arbeitsweise
ausgezeichnetes eigenverantwortliches Mentoring des Teams
…
ausgezeichnet
Der Mitarbeitende hat seine Aufgaben mit
überdurchschnittlichem Erfolg erfüllt. Seine Leistungen zeichnen sich durch hohe Fachkompetenz, Eigenverantwortung und sehr gute Ergebnisse aus.
Vergleichbar mit den Aufzählungen von:
sehr gute/einwandfreie Zusammenarbeit
jederzeit zuverlässig
hohe solide Fachkenntnisse
korrektes Einsetzen der Hilfsmittel zur effizienten Erreichung der Ziele
zeigt hohe Initiative
Selbstständigkeit und Zuvorkommen bei der Aufgabenausführung
effiziente und effektive Arbeitsweise
…
sehr gut
Der Mitarbeitende hat seine Aufgaben zur vollen Zufriedenheit erfüllt. Er zeigt solides Fachwissen, ist zuverlässig und arbeitet eigenständig.
Vergleichbar mit den Aufzählungen von:
fortwährend zuverlässig und pünktlich
geschätzte Zusammenarbeit
gute Fachkenntnisse
auch bei Mehrarbeit belastbar
entspricht jederzeit den Anforderungen
zu jeder Zeit angenehme Zusammenarbeit und geschätzte Person
effektive Arbeitsweise zur Erreichung der Ziele
systematisches Vorgehen
durch motivierende und kompetente Art herrscht eine gute Team-
atmosphäre…
gut
Der Mitarbeitende hat die Anforderungen mässig erfüllt. Es gibt einige Schwächen in der Leistung oder im Verhalten, die Verbesserungen erfordern. Die Ergebnisse sind nicht immer zufriedenstellend.
Vergleichbar mit den Aufzählungen von:
braucht des Öfteren Unterstützung
manchmal unzuverlässig oder unpünktlich
Basiswissen, welches ausgebaut werden sollte
in mancher Hinsicht unsorgfältig und eher abweisenden
verhaltenen Umgang
teilweise unzureichende Hygiene
Erledigung der zugeteilten Aufgaben
Engagement und Belastung entsprachen den gestellten Aufgaben
wesentliche Tätigkeiten wurden erfüllt
…
mässig
Der Mitarbeitende hat die Erwartungen nicht erfüllt. Es gibt klare Mängel in der Leistung oder im Verhalten, und die Arbeitsergebnisse sind unzureichend. Es besteht ein erheblicher Verbesserungsbedarf.
Vergleichbar mit den Aufzählungen von:
strafrechtlicher Vorfall
starke Suchtprobleme mit wesentlicher Auswirkung auf die Arbeit
Nichteinhaltung von Regeln und Weisungen
nicht mehr zur Arbeit erschienen
Ausfälligkeiten gegenüber anderen Personen im Umfeld
trotz Unterstützung konnten täglich anfallende Arbeiten nicht erledigt werden
Engagement und Initiative entsprachen nicht den Anforderungen
Allgemeines Wissen reicht nicht aus
…
ungenügend
Aus der Rechtsprechung ist im Weiteren abzuleiten, dass Unternehmen die Mit-arbeitenden entsprechend begleiten und stetig mit ihnen im Austausch sein müssen, sodass jederzeit ein wahres und korrektes Arbeitszeugnis ausgestellt werden kann. Ist den Mitarbeitenden nichts anderes bekannt, so können sie davon ausgehen, dass sie ein gutes Arbeitszeugnis erhalten. Deshalb sind regelmässige Mitarbeitendenbeurteilungen mit einer entsprechenden Dokumentation notwendig. Und die Mitarbeitenden müssen auch die Möglichkeit haben, eine Situation, welche einen Einfluss auf das Arbeitszeugnis hat, wieder bereinigen zu können, ohne dass eine Erwähnung im Arbeitszeugnis stattfindet.
2.9.5. Negative Bewertung einer Fähigkeit
Es ist zu empfehlen, dass negative Bewertungen (somit bei «mässig», jedoch insb. bei «ungenügend») bei
«Gut zu Wissen» (siehe 2.11) näher beschrieben werden. Dies ist jedoch optional und keine Pflicht. Dabei wird darauf hingewiesen, dass rechtlich gesehen bei einer späteren Referenzauskunft nicht mehr Auskunft gegeben werden darf, als dies aus dem Arbeitszeugnis bereits hervorgeht. Andernfalls muss vorgängig das Einverständnis vom entsprechenden Mitarbeitenden eingeholt werden.
Bei einer näheren Beschreibung bei «Gut zu Wissen» soll die entsprechende Fähigkeit aufgeführt und anschliessend erläutert werden wie z.B. «Methodik und Umsetzung: Nadine wurde enger begleitet für ihr Zeitmanagement». Dadurch kann sich die lesende Person schnell ein Bild machen, wieso eine Fähigkeit als nicht gut bewertet wurde.
Dabei sollten Redewendungen vermieden werden, da diese in anderen Sprachen oder Kulturen nicht vorhanden sind oder falsch verstanden werden könnten.
2.10. Stärken
Insbesondere mit der Aufführung von Stärken soll auf den Mitarbeitenden eingegangen werden und diese bewusst hervorgehoben werden. Dabei werden die wichtigsten fünf Stärken aufgeführt, welche zur bewertenden Person passen und sie beschreiben. Die Anzahl aufgeführter Stärken wird dabei auf mindestens drei und maximal fünf definiert.
Wie das Wort «Stärke» auch aussagt, ist es unmissverständlich, dass hier nur positive Aufführungen abgebildet werden, damit das Arbeitszeugnis 2.0 auch der Anforderung von «wohlwollend» gerecht wird. Der Schreibstil kann entsprechend den Gegebenheiten der Firma gewählt werden:
konventionell
- motiviert
- engagiert
- empathisch
- humorvoll
- kreativ
unkonventionell
- gewieft
- sprachgewandt
- wissbegierig
- fröhlich
- nervenstark
auf eine andere Art
- kann über sich selbst lachen
- Kreativitäts-Genie
- Bringt nichts aus der Ruhe
- Packt an, gibt Vollgas
- Motivationstalent
2.11. Gut zu wissen
In diesem Abschnitt können individuelle Anpassungen vorgenommen werden, um die Wertschätzung gegenüber dem Mitarbeitenden auszudrücken oder spezielle Aspekte zu erwähnen. Es ist denkbar, dass sich hier ein klassischer Abschlusssatz etablieren wird, wie er bereits in heutigen Arbeitszeugnissen verwendet wird. Ebenso könnten andere Formulierungen aufgeführt werden, wie beispielsweise:
Interne Aus- und Weiterbildungen
Besondere hervorzuhebende Leistungen, Projekte/Aufgaben
Besonderes Potenzial
Beschreibung zu negativen («mässig» und «ungenügend») bewertenden Fähigkeiten2.8)
Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Umstrukturierung der Firma
…
Externe Aus- und Weiterbildungen sollten hier nicht aufgeführt werden, da Mitarbeitende diese in der Regel bereits im Lebenslauf aufführen und somit im Bewerbungsdossier doppelt erwähnt würden. Dies ist konsistent mit dem Motto «Reduce to the max».
Für diese Erwähnungen stehen der bewertenden Person insgesamt maximal drei Zeilen zur Verfügung.
2.12. Ort und Datum
Beim Ort ist das Domizil der Firma sowie «per» und das Datum im Format TT.MM.JJJJ zu verwenden. Die Aufführung «per» erlaubt ein Datum aufzuführen, unabhängig davon, wann das Arbeitszeugnis tatsächlich erstellt worden ist, und gibt somit eine grössere Flexibilität beim Erstellungsprozess. So ist es transparent, auf welchen Zeitpunkt die Bewertung stattgefunden hat.
2.13. Unterschriften
In der Praxis und insb. bei Arbeitszeugnissen, welche meistens nur noch digital ausgestellt und verwendet werden (die Bewerbungen erfolgen in der Praxis fast ausschliesslich nur noch elektronisch), ist die Unterschrift nicht mehr im Original vorhanden. Es handelt sich vielmehr meistens um eine gescannte Unterschrift
ohne besondere Zertifizierung oder Verschlüsselung. Eine qualifizierte elektronische Signatur wird nie oder fast nie angewendet. Viele Firmen haben solche noch nicht im Einsatz. Auch ist zu beachten, dass für eine Rechtskonformität jeweils die gemäss Handelsregister zeichnungsberechtigten oder bevollmächtigte Personen das Arbeitszeugnis unterzeichnen müssten, was in der Realität oft nicht entsprechend gehandhabt wird. Es wird stattdessen in der Praxis oft das Arbeitszeugnis von Personen unterzeichnet, welche als mögliche Referenz Auskunft geben könnten.
Ferner ist zu beachten, dass Art. 330a OR, der den Anspruch auf ein Arbeitszeugnis regelt, gar keine Formvorschrift enthält. Dass ein Zeugnis schriftlich sein müsse, stützt sich ausschliesslich auf die Rechtslehre, ohne sich auf höchstrichterliche Rechtsprechung abstützen zu können. Schriftlich im Rechtssinne bedeutet, dass das Schriftstück auch unterschrieben sein muss. Allerdings wird nach Art. 14 Abs. 2 OR eine Nachbildung der eigenhändigen Schrift auf mechanischem Wege als genügend anerkannt, wo deren Gebrauch im Verkehr üblich ist.
Weil die Mitarbeitenden das Zeugnis bei Stellenbewerbungen benötigen und damit gegenüber Dritten vorgezeigt werden muss, kann es nicht mündlich sein. Vielmehr muss es in irgendeiner Form dauerhaft reproduzierbar sein. Das setzt aber nicht eine eigenhändige Unterschrift voraus.
Das Arbeitszeugnis 2.0 orientiert sich am Lohnausweis, bei welchem auch keine Unterschrift aufgeführt ist, sowie der «Wegleitung zum Ausfüllen des Lohnausweises bzw. der Rentenbescheinigung – Formular 11»
der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) und der Eidgenössischen Steuerverwaltung ESTV. Die Wegleitung führt unter Buchstabe I (Randziffer 12) bei «Unterschrift» auf:
«An dieser Stelle sind Ort und Datum zum Zeitpunkt des Ausfüllens des Lohnausweises, die Gesellschaft
(genaue Anschrift), die für den Lohnausweis zuständige Person sowie deren Telefonnummer anzugeben. Die Lohnausweise sind handschriftlich zu unterzeichnen. Bei vollautomatisiert erstellten Lohnausweisen kann auf die Unterschrift verzichtet werden.»
Somit wird auch beim Arbeitszeugnis 2.0 auf die Unterschrift verzichtet und bis auf «per» beim Datum (Begründung siehe 2.12) analog dem Lohnausweis (Formular 11) folgender Bereich aufgeführt:
Da bei den Fähigkeiten (siehe 2.8) bereits aufgeführt ist, welche Person für die Bewertung durchgeführt hat, ist somit die für das Arbeitszeugnis zuständige Person selbst bereits ersichtlich.
2.13.1. Manipulation und Echtheit des Arbeitszeugnisses
Hierzu ist zu erwähnen, dass im Bewerbungsprozess bei den gängigsten Bewerbungstools alle Arbeitszeugnisse als ein PDF-Dokument durch die bewerbende Person hochgeladen werden müssen. Dies würde in der Praxis bedeuteten, dass zwar ein Arbeitszeugnis mit einem Echtheitszertifikat ausgestellt wird, diese Überprüfbarkeit jedoch in diesem Moment wieder verloren geht, wenn die bewerbende Person alle Arbeitszeugnisse zu einem PDF zusammenfügt und somit das ausgestellte Arbeitszeugnis erzwungener-massen manipulieren muss. Dadurch wird es für die rekrutierende Firma selten technisch möglich sein, die Echtheit des Arbeits-zeugnisses zu überprüfen.
Eine eigenhändige Unterschrift schützt auch kaum vor Fälschungen. Das Unternehmen, bei dem jemand sich bewirbt, kennt die Unterschriften der Personen, die das Zeugnis unterschrieben haben, in der Regel nicht. Zudem wird – wie dargelegt – meist gar nicht das Original des Arbeitszeugnisses vorgelegt, sondern eine digitale Kopie, bei der es technisch kein Problem ist, die Unterschrift einer bestimmten Person einzusetzen. Eine Kontrolle der Echtheit des Arbeitszeugnisses kann immer noch durch das Einholen einer Referenz-auskunft erfolgen, wenn ein Bewerber für die Anstellung in die engere Wahl kommt.
2.14. Vollständigkeit
Es gilt der Grundsatz der Vollständigkeit, sofern es sich nicht nur um eine Arbeitsbestätigung (Art. 320a Abs. 2 OR) handelt. Dieser bedeutet, dass das Zeugnis sowohl über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses, über die Leistungen und das Verhalten der Arbeit nehmenden Person Auskunft geben und sich grundsätzlich auch auf die gesamte Zeit des Arbeits-verhältnisses erstrecken muss. Bei den herkömmlichen Zeugnissen ist es – auch wenn der Arbeitnehmende im Unternehmen die unterschiedlichsten Karriereschritte durchgemacht hat – nicht zumutbar, eine Vielzahl von Zwischenzeugnissen zu lesen, weshalb sich das Schlusszeugnis auf die ganze Zeit zu erstrecken hat.
Mit dem Arbeitszeugnis 2.0 ist die Ausgangslage eine andere: Jedes Zeugnis und damit auch jedes Zwischenzeugnis besteht aus nur einer A4-Seite. Gegebenenfalls mehrere zu lesen, ist ohne weiteres zumutbar. Die Einheitlichkeit der Struktur und der Beurteilungsweise lässt auch die unterschiedlichen Beurteilungen für die verschiedenen Zeitperioden klar erscheinen. Bei den bisherigen Zeugnissen ist das nicht möglich, weil bei unterschiedlichen Formulierungen nicht immer klar ist, ob es sich bloss um eine sprachliche Unterscheidung handelt oder ob tatsächlich eine andere Beurteilung gemeint ist.
2.15. Barrierefreiheit
Das Arbeitszeugnis 2.0 berücksichtigt ebenfalls die Gegebenheiten für die Barrierefreiheit, sodass entsprechende Screenreader-Softwares dieses verarbeiten und ausgeben kann. Dies durch:
Allgemein verständliches Wording
Klare Abgrenzung durch Zonen
Abbildungen werden nicht allein über die Farbe vermittelt (z.B. grün = gut / rot = schlecht)
Die Grafik der Fähigkeitsbewertung sollte mit einem Alternativtext versehen werden, welcher
von einem Screenreader vorgelesen werden kann
2.16. Leitfaden
Insbesondere in den Anfangsjahren des Arbeitszeugnis 2.0 ist auf dem Arbeitszeugnis jeweils ein QR-Code ausgewiesen, welcher direkt zum Menüpunkt Leitfaden auf arbeitszeugnis.work führt. Ebenso ist auf dem Arbeitszeugnis auch die Nummer der Version ersichtlich. Dadurch haben lesende Personen, welche noch nicht mit dem Arbeitszeugnis 2.0 vertraut sind, die Möglichkeit, schnell auf die entsprechenden Informationen und Erklärungen zugreifen zu können.
Zürich, 06.11.2024
Verein Vision Arbeitszeugnis